Die grausame Seite der Walpurgisnacht: Früher brannten die Hexen, heute tanzen sie

Vor allem im Harz ist der Hexen-Kult eine Tourismus-Attraktion

Vor allem im Harz ist der Hexen-Kult eine Tourismus-Attraktion

Foto: Matthias Bein/ZB
Von: Silke Hümmer

In der Nacht zum 1. Mai tanzen wieder die Hexen.

Die auf heidnische Frühlingsfeste zurückgehende Walpurgisnacht wird in vielen Regionen Deutschlands, vor allem rund um den Harzer Blocksberg (Brocken), gefeiert. Neben riesigen Feuern und großen Feiern gehören auch traditionelle Tänze mit dem Teufel dazu.

Was bei aller Ausgelassenheit vergessen wird: die grausame Geschichte hinter dem beliebten Brauch. Im Mittelalter kam es zur bestialischen Hexenverfolgung. Opfer waren vor allem Frauen, die scheinbar geheime, dämonische Kräfte besaßen und für Krankheiten, Armut und Tod verantwortlich gemacht wurden.

Sie galten als Hexen, die sich von Gott ab und dem Teufel zugewandt hatten. Ende des 17. Jahrhunderts verbreitete sich die Mär, dass die Geächteten zum Blocksberg im Harz flogen, um sich mit dem Teufel zu vermählen. In Folge wurden bis zu 50 000 Menschen, zu 80 Prozent Frauen, verfolgt, gefoltert und schließlich vor den Augen der fröhlich feiernden Bevölkerung verbrannt. Erst 1775 fand in Deutschland das Grauen ein Ende und die letzte „Hexe“ den Tod in den Flammen auf dem Scheiterhaufen.

Hexenverbrennung im Mittelalter. Historischer Stich von 1883

Hexenverbrennung im Mittelalter. Historischer Stich von 1883

Foto: picture alliance / Bildagentur-online/Sunny Celeste

Der Brauch der Walpurgisnacht stammt ursprünglich von den Germanen. Sie wollten symbolisch den Winter verbrennen. Mit der Christianisierung wurde die heilige Walburga damit verbunden. Sie war eine gelehrte Frau, Äbtissin eines Nonnenklosters. An einem 1. Mai wurde sie heiliggesprochen. Der Beginn der Walpurgisnächte, wie sie bis heute gefeiert werden.

In den 1970ern entdeckte die neue Frauenbewegung die Hexe als Symbolfigur für sich. Doch selbst heute noch ist das Thema Hexenverfolgung dramatisch aktuell. Vor allem in Gegenden um den Äquator herum glauben große Teile der Bevölkerungen an Hexen. „Jährlich verlieren tausende Frauen, Männer und Kinder ihr Leben wegen vermeintlicher Hexerei, werden Kinder für Krankheiten wie Aids oder Covid-19 verantwortlich gemacht“, erklärt der Historiker Kai Lehmann gegenüber „National Geographic“.

„Hexenverfolgung gibt es im Grunde auch heute“, sagt auch Deutschlands bekannteste Theologin, Margot Käßmann (62) gegenüber der BILD am Sonntag. „Da wird eine Frau wie Ricarda Lang, Chefin der Grünen, massiv angegriffen, erhält Morddrohungen. Weil sie und ihre Erscheinung anderen nicht passen. Oder Dunja Hayali. Die Journalistin wird bespuckt und beleidigt, weil ihre Meinung provoziert.“

Es ist nachgewiesen, dass Frauen in sozialen Netzwerken massiver angegriffen werden als Männer. Sie werden von Hatern beschimpft, beleidigt, erhalten Morddrohung – vor den Augen Millionen anderer. 70 Prozent der Mädchen und jungen Frauen in Deutschland haben demnach laut Welt-Mädchenbericht von Plan International schon Bedrohungen, Beleidigungen und Diskriminierung im Netz erlebt.

„Das ist eine neue Art der Hexenverfolgung. Dagegen müssen alle aufstehen, Frauen wie Männer!“, so Käßmann.

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