Angeblich Unruhen an der Grenze zu Serbien: Sorge vor Eskalation im Kosovo

Quelle: Tv7News, AP, Reuters
Von: Timo Lokoschat und René Garzke

Es wäre eine Katastrophe mitten in Europa ...

Im Kosovo kommt es laut lokalen Medien offenbar zu Spannungen an der Grenze zu Serbien. Es gibt Berichte über Schüsse, die aber niemanden verletzten. Luftschutzsirenen heulen. Beide Seiten errichteten Straßensperren. Die Lage ist unklar. Zusammenstöße zwischen den beiden verfeindeten Nationen Serbien und Kosovo soll es bisher nicht gegeben haben.

Der serbische Präsident Aleksandar Vučić (52) sagte laut dem Fernsehsender N1, dass sich Serbien „noch nie in einer komplexeren und schwierigeren Situation befunden hat als heute“. Er forderte alle Seiten auf, den Frieden zu bewahren, warnte aber: „Wenn sie den Frieden nicht bewahren wollen, dann sage ich Ihnen, dass Serbien gewinnen wird.“

Seit 2017 im Amt: der serbische Präsident Aleksandar Vučić bei einer Ansprache am Sonntagabend

Seit 2017 im Amt: der serbische Präsident Aleksandar Vučić bei einer Ansprache am Sonntagabend

Foto: Anadolu Agency via Getty Images

Drohender äußerte sich der serbische Politiker Vladimir Đukanović (42), Mitglied der Regierungspartei, am Sonntag auf Twitter: „Alles sieht für mich danach aus, dass Serbien gezwungen sein wird, die Entnazifizierung des Balkans zu beginnen.“ Der Abgeordnete gilt als aufbrausend und nicht besonders einflussreich.

Der Begriff „Entnazifizierung“ lässt dennoch hellhörig werden – auch Russlands Diktator Wladimir Putin (69) benutzte ihn zur Rechtfertigung seines Angriffskriegs gegen die Ukraine. Serbien pflegt traditionell enge Beziehungen zu Russland. Viele große Medien haben im Ukraine-Krieg Partei für Putin ergriffen.

Nato-Soldaten in der kosovarischen Stadt Mitrovica, in der Albaner und Serben leben (Archivfoto)

Nato-Soldaten in der kosovarischen Stadt Mitrovica, in der Albaner und Serben leben (Archivfoto)

Foto: Lars Berg

ABER: Belgrad dementierte entschieden Berichte, denen zufolge man mit Truppen in den Kosovo eingerückt sei. „Serbien hat die Verwaltungslinie nicht überschritten und ist vorerst in keiner Weise in das Hoheitsgebiet von Kosovo und Metohija eingedrungen“, hieß es vom Verteidigungsministerin. Das Wort „vorerst“ trug nicht zur Beruhigung bei.

Unabhängige Berichte zur aktuellen Lage im Kosovo gibt es bisher nicht.

Allerdings bestätigte auch die Nato in einem Statement am späten Sonntagabend: „Die allgemeine Sicherheitslage in den nördlichen Gemeinden des Kosovo ist angespannt.“

Weiter hieß es in der Mitteilung: „Die Nato-geführte KFOR-Mission beobachtet die Lage genau und ist bereit einzugreifen, wenn die Stabilität gefährdet ist.“ Für ein sicheres Umfeld im Kosovo würden „alle erforderlichen Maßnahmen“ ergriffen.

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Ein Hintergrund der jüngsten Zuspitzung ist ein Streit um serbische Nummerntafeln auf Autos, die die Kosovo-Regierung ab morgen nicht mehr erlauben will. Auch sollten serbische Einreisedokumente nicht mehr wie bisher gelten. Für viele Menschen, die zwischen den beiden Staaten pendeln, macht dies das Überqueren der Grenze komplizierter.

Unter anderem diese Brücke in Mitrovica verbindet den Kosovo mit Serbien

Unter anderem diese Brücke in Mitrovica verbindet den Kosovo mit Serbien

Foto: Festim Bequiri/TV7 News

ABER: Nach Gesprächen mit europäischen und US-amerikanischen Partnern wurde der neue Grenzüberquerungsplan um einen Monat auf den 1. September verschoben, teilte Kosovos Regierung in der Nacht zu Montag mit.

Die Regierung verurteile „die Blockade von Straßen im Norden des Kosovos“ sowie das Abfeuern von Schüssen durch bewaffnete Personen, hieß es weiter.

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Die Spannungen ließen jedoch schlimmere Erinnerungen wach werden: 1999 hatte die Nato Serbien bombardiert, um die Regierung von Slobodan Milošević (1941-2006) dazu zu zwingen, die Kämpfe im Kosovo einzustellen. Anschließend rückte eine UN-geführte Friedenstruppe in den Kosovo ein, an der sich auch die Bundeswehr beteiligte. Immer wieder kam es zu gewalttätigen Zusammenstößen. Rund 4000 Soldaten aus 28 Ländern sind derzeit im Kosovo stationiert, darunter auch weiterhin Bundeswehr-Einheiten.

2008 erklärte der Kosovo seine Unabhängigkeit, was inzwischen von 115 der 193 Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen anerkannt wurde. Serbien tut dies nicht und beansprucht das Gebiet für sich. Auch Russland, China, Indien, Spanien und Griechenland akzeptieren die Souveränität des Kosovo nicht.

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